‚Hinüber‘, das meint ganz allgemein ‚von dieser Seite nach dort drüben‘. Gebräuchlich ist eine respektlose Verwendung des Worts für Mensch wie Material: ‚hinüber sein‘, wenn nämlich jemand oder etwas als nicht mehr brauchbar, als nicht mehr zu reparieren oder zu heilen gilt, tot ist. Kaputt. Mit anderem, feierlichem Tonfall meint ‚hinüber’ ebenso ein ‚Hinübergegangen sein‘ – über den Jordan oder andere Grenzflüsse – in eine imaginierte Region des Todes oder unbekannter Verheißung.

So oder so: wer wüsste schon für sich den Ort des Lebens anzugeben, wenn nicht vom Tod aus? Wenn Sigmund Freud es auf die kurze Formel bringt: „im Unbewußten [ist] jeder von uns von seiner Unsterblichkeit überzeugt“, so wären es je verschiedene Vermeidungen eines Unerträglichen, die kulturformend wirkten.

Das Leben als Übung zum Tod aufzufassen, ist eine Idee, die die Arbeiten dieser Gruppenausstellung verbindet. Den eigenen Tod oder den Tod anderer als konkrete Frage und künstlerisch politischen Versuch einer neuen Ortsbestimmung zu nehmen, dem widmen sich in je verschiedenen Zugängen und Umwegen die Arbeiten zum ‚hinüber‘.